Derzeit kosten 10 Liter wertvollen Trinkwassers gerade 1,6 Cent - Die Auswirkungen eines „Wasser-Cents“ auf die Wassergebühr in Schierling – Von der „Brauereileitung“ über die „Pfarr-Wasserleitung“ unnd die „Huber’sche Wasserversorgung“ zur gemeindlichen Wasserversorgung des Marktes Schierling
Was ein Zehn-Liter-Eimer voll mit wertvollem Trinkwasser aus der kommunalen Schierlinger Wasserleitung kostet, war die Frage im Wirtshaus am Stammtisch. Da ging es nämlich gerade um den „Wasser-Cent“, der diskutiert wird und eingeführt werden soll. Niemand konnte die Frage auf Anhieb beantworten. Und als die Auflösung mit knapp 1,6 Cent inklusive der Mehrwertsteuer kam, da war das Staunen groß. Denn niemand hatte wirklich gedacht, dass Wasser so billig sein kann.
Der Bodenschatz Wasser ist in Bayern kostenlos, und zwar egal ob für Industrie, Kommunen oder Landwirtschaft. Das gilt auch für das Trinkwasser, das in den Haushalten fließt. Die von den kommunalen Versorgungsunternehmen erhobenen Wassergebühren decken lediglich die Kosten für die Förderung, also die Brunnen, die Wasserleitungen und den gesamten Betrieb. Das Wasser selbst erscheint im wirtschaftlichen Sinn „wert-los“. In 13 von 16 Bundesländern gibt es bereits den Wasser-Cent, der offiziell „Wasser-Entnahmeentgelt“ heißt, und dessen Ertrag in erster Linie für den Schutz des wertvollen Rohstoffes Wasser eingesetzt wird. Neben Bayern haben lediglich Thüringen und Hessen noch keine solche Bewertung für den Rohstoff Wasser eingeführt.
Es war keine Überraschung, dass es dann beim Stammtisch um die Frage ging, was denn dieser Wasser-Cent für eine Auswirkung auf die Höhe der Schierlinger Verbrauchsgebühr haben könnte. Derzeit muss man in Schierling knapp 1,60 Euro je Kubikmeter, also je 1000 Liter Wasser bezahlen. In Rheinland-Pfalz beträgt der Wasser-Cent 6 Cent je 1000 Liter, in Nordrhein-Westfalen 5,1 Cent, in beiden Ländern mit Ausnahmetatbeständen. Konkret würde der Wasser-Cent in Schierling bei einer solchen Höhe die Verbrauchsgebühr je Person und Jahr zwischen zwei und drei Euro steigen lassen. Auch da wurde im Wirtshaus wieder gestaunt, denn das sei ja weniger als eine Halbe Bier kostet. Die Aufregung über den Wasser-Cent hat sich deshalb rasch gelegt, denn dass das in der Tiefe vorkommende wertvolle Nass geschützt werden, und dafür wiederum Geld aufgewendet werden muss, das war einem jeden schnell klar.
Über Jahrzehnte hinweg hieß es, dass die Wasservorkommen in Bayern eine sichere Versorgung der Bevölkerung gewährleisten. Doch mit dem Klimawandel änderte sich manches auch bei den Wasservorräten im Boden, und so sah sich die eine oder andere Gemeinde in Franken zuletzt genötigt, zum Beispiel die Rasenbewässerung zu verbieten. Für alle Nutzer gilt aber das Gebot des Wassersparens und für die Zukunft wird es wichtig sein, zum Beispiel für die Toilettenspülung mehr Regenwasser zu nutzen, um das hochwertige Trinkwasser aus 95 Meter Tiefe zu schonen.
So begann es in Schierling
Bis vor etwa 110 Jahren hat es in Schierling kein durchgehend sauberes Trinkwasser für die Bevölkerung gegeben. Jedes Grundstück wurde über einen eigenen Brunnen versorgt. Den Antrag für eine zentrale Wasserversorgung hatten die Bürger bei einer „Gemeindeversammlung“ im August 1902 abgelehnt, was sich als eine sehr kurzsichtige Entscheidung erwies. Erst sieben Jahre später setzte der Wandel ein. Bis dorthin warben vor allem Pfarrer Georg Hackl und Brauereibesitzer Anton Huber als Vordenker für die zentrale Wasserversorgung, und sie setzten mit ihren Initiativen Fakten. Was wiederum ein Beispiel dafür ist, dass nicht selten in früheren Zeiten zukunftsweisende Initiativen von den Dorfpfarrern ausgingen. Ihr Horizont als „G‘studierte“ und belesene Mitbürger reichte dann doch vielfach weiter.
Richard Rohrer weist in seiner Chronik nach, dass Schierlings erste Wasserleitung die „Brauereileitung“ von 1840 gewesen ist. In Auftrag gegeben wurde diese gegen Ende 1838 von der Guts- und Standesherrschaft Thurn & Taxis, und sie sollte dem Zweck dienen, zum besseren Betrieb des Brauhauses in Schierling ein laufendes Quellwasser in das Brauhaus zu leiten. Allerdings war damit noch keine Versorgung der Bevölkerung mit fließendem Wasser verbunden. Die Hausbrunnen lieferten häufig nicht genügend Wasser und dies war auch nicht immer rein; besonders nach starken Regenfällen erfolgte eine Trübung. Als dann um die Jahrhundertwende die technischen Voraussetzungen zur Verlegung metallener Rohrleitungen geschaffen waren, ergriff Pfarrer Hackl die Initiative. Er regte den Bau einer Wasserversorgungsanlage für den ganzen Ort an, doch das wurde abgelehnt, weil die Kosten zu hoch erschienen, und ohnehin „die Meisten Wasser besitzen“, wie es in der Chronik heißt. Manchmal war es in der Vergangenheit und bis in die Gegenwart hinein immer wieder so, dass die Menschen zu ihrem Glück gezwungen werden mussten. Da die Wasserversorgung durch Brunnen besonders im Bereich des Pfarrhofes mit seiner großen Ökonomie und der Pfarrkirche völlig unzureichend war, wollte Pfarrer Hackl schließlich nur für die Pfarrkirche, Pfarrhaus, Klosterschule, Krankenhaus und Friedhof, sowie hauptsächlich für die Vorsorge bei einem etwaigen Brand eine zentrale Versorgung aufbauen.
Eng wurde es für die Gemeinde, als nach einer Gemeindevisitation durch das Bezirksamt Mallersdorf am 8.10.1903 der Auftrag kam, das Wasser aus den Brunnen des Friedhofes, des Krankenhauses und der Mädchenschule chemisch untersuchen zu lassen und das Ergebnis dem Bezirksamt zu übermitteln. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse ordnete das Bezirksamt die sofortige Schließung der drei Brunnen an und zwang damit die Schierlinger Akteure zum Handeln. Das Ergebnis war die „Pfarr-Wasserleitung“, die im September 1905 fertiggestellt worden ist. Eigentümer waren anteilmäßig die Gemeinde, die Pfarrkirchenstiftung, die Krankenhausstiftung und die Pfarrpfründe.
Privatleitung Huber
Nachdem die Bevölkerung die Vorteile des fließenden Wassers gesehen hatte, hat der Gemeindeausschuss das Thema bei der Gemeindeversammlung am 8. August 1909 zur Abstimmung gestellt. Jetzt gab es eine Mehrheit von 35:23 Stimmen. Doch als die dafür veranschlagten Kosten von 80 000 Mark bekannt wurden, konnte oder wollte die Gemeinde den Beschluss nicht mehr umsetzen. Deshalb sprang der ansässige Brauereibesitzer Anton Huber in die Presche. Ab 1911 ließ Huber aus eigenen Mitteln eine Pumpe, eine Hochreserve und alles Dazugehörige erstellen. Die Gemeinde nutzte die Gelegenheit und setzte 6 Hydranten in die Leitungen ein. Ende 1915/Anfang 1916 war die Privatwasserleitung für 80 Kunden fertig, die später von Sohn Anton (Toni) Huber betrieben und weiter ausgebaut wurde.
Übernahme durch den Markt
Die private Wasserversorgung Huber wurde immer größer, und die Probleme auch. Im März 1954 wurde das Siedlungsgebiet südlich der Eisenbahnlinie angeschlossen. Obwohl im Oktober 1966 durch den Bau eines Hochbehälters im Waldgebiet südlich von Schierling (im „Hardt“) eine Wasserdruckerhöhung in der Leitung erreicht werden konnte, tropfte infolge der anhaltenden Hitzewelle im Sommer 1969 in den Nebenstraßen und höher gelegenen Ortsteilen das Wasser nur noch spärlich aus den Wasserhähnen. Auch die Wasserverluste in den maroden Leitungen nahmen von Jahr zu Jahr zu. Am 1. Januar 1987 übernahm schließlich der Markt Schierling die Wasserversorgung von Anton Huber, der noch im selben Jahr starb.
Der Marktgemeinderat entschloss sich zu einer grundlegenden Erneuerung der gesamten Anlage. Etwa elf Millionen Mark waren veranschlagt für den Bau von zwei Brunnen südlich von Mannsdorf, die Erweiterung des Hochbehälters und für das in weiten Teilen erneuerte Leitungsnetz. Diskutiert wurde damals auch ein möglicher Anschluss an einen benachbarten Wasserzweckverband. Doch die Bevölkerung entschied sich für die Beibehaltung des gemeindlichen Wassers, auch wenn sie etwas mehr dafür bezahlen musste. Denn beim Thema „Wasser“ ging es auch um Emotionen, nicht nur um Fakten. Später wurden an die Schierlinger Anlage die Orte Mannsdorf, sowie Unter- und Oberlaichling angeschlossen. Auf zwei Seiten des Ortes Schierling besteht heute jeweils ein Notverbund zum Leitungsnetz der Wasserzweckverbände Mallersdorf und Rottenburg. So konnte für die Zukunft die Versorgung gesichert werden, auch wenn die Wasserförderung einmal ausfallen sollte.
Späte Entdeckung
Am 23. März 1964 war in der Allgemeinen Laberzeitung folgende Notiz zu lesen: „Im hiesigen Friedhof wurde dieser Tage eine durch die Erweiterung des Friedhofsgeländes überflüssig gewordene Mauer abgebrochen. Bei dieser Gelegenheit wurde ein völlig in Vergessenheit geratener, ca. 15 Meter tiefer Brunnen entdeckt, der aber ohne Wasserführung war. Die Mauern der Brunnenwände sind noch erstklassig erhalten. Der Brunnen wurde wahrscheinlich vor 100 Jahren bei Anlegung des Friedhofs gebaut und später dann aufgelassen, als die Wasserleitung im Friedhof eingerichtet wurde. Diese Entdeckung hat übrigens auch gezeigt, daß überall Gefahren lauern, denen man nicht ausweichen kann. Ein Sturz in den Brunnenschacht hätte grausame Folgen gehabt. Zum Glück war die Brunnenstelle etwas abgelegen, so daß Friedhofsbesucher kaum dorthin kamen. Auf Veranlassung der Gemeindeverwaltung wurde der Schacht unverzüglich aufgefüllt und damit ist auch die Gefahr für alle Zeiten beseitigt.“
Fotos:
01: In Schierling kostet derzeit ein 10-Liter-Eimer wertvollsten Trinkwassers rund 1,55 Cent inklusive der Mehrwertsteuer
02: Der Markt Schierling hat zuletzt im Jahre seine beiden südlich von Mannsdorf gelegenen Trinkwasserbrunnen regeneriert
03: Die Familie Huber hat vor rund 110 Jahren die zentrale Wasserversorgung Schierling aufgebaut, nachdem sich die Gemeinde dazu nicht in der Lage sah. Der letzte Eigentümer Anton Huber („Huber-Bräu-Toni“) ist 1987 verstorben. Die Feststellung auf dem Grabstein, „Er hat sich um seine Heimat verdient gemacht“, trifft auch auf seinen 1955 verstorbenen Vater zu.
Fotos bzw. Archiv: Fritz Wallner