Der 1758 in Schierling geborene Benediktiner-Pater Placidus Heinrich hatte hohes Ansehen von Paris bis St. Petersburg - Vor genau 200 Jahren starb er – seit 1983 trägt die Grund- und Mittelschule seinen Namen – Gedenkgottesdienst am Samstagabend, 18. Januar

Kein anderer in Schierling geborener Bürger hat jemals solch weltweiten Ruhm erlangt wie der Benediktiner-Pater Placidus (Joseph) Heinrich. Ausgehend vom Regensburger Kloster St. Emmeram war er Priester, Lehrer und ausgezeichneter Wissenschaftler. Mit seinen Forschungen und Erkenntnissen zur Fluoreszenz war er sogar in die europäische Spitze vorgestoßen. Außerdem entwickelte er die Lehre von der Photosynthese und Atmung der Pflanzen und führte beides auf die „Verwandtschaft des Lichtes mit den vegetabilischen Substanzen“ zurück. Placidus Heinrich gilt als einer der „gelehrten Mönche“ und schaute nicht nur im Glauben zum Himmel. Am kommenden Samstag, 18. Januar, wird ein Gedenkgottesdienst gefeiert.

Die Lehrgegenstände der gelehrten Mönche im Mittelalter waren die aus dem Altertum übernommenen so genannten „sieben freien Künste“: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Musik, Geometrie und Astronomie. Letzterem widmete sich Placidus Heinrich, dessen wissenschaftlichen Ruhm Prof. Dr. Andreas Kraus im „Biografischen Lexikon der Ludwig-Maximilians-Universität München“ besonders herausstellt. Die von Placidus Heinrich für St. Petersburg und Paris verfassten Preisschriften wurden noch von 1811 bis 1820 publiziert, also bis vor gut 200 Jahren und nach Abschluss seiner wissenschaftlichen Laufbahn.
Den Schierlingern wird der Name „Placidus Heinrich“ seit November 1983 immer wieder ins Gedächtnis gerufen. Denn damals erhielt auf Anregung des Pfarrgemeinderates, sowie genehmigt durch den Marktgemeinderat und der Regierung der Oberpfalz, die Volksschule Schierling seinen Namen. Es handelte sich zu der Zeit erst um die dritte Volksschule im Landkreis Regensburg, die nach einer berühmten Persönlichkeit des Ortes benannt wurde. Im Rahmen der Feierlichkeiten predigte beim Festgottesdienst der frühere Regensburger Bischof Dr. Rudolf Graber.

Sein Können wurde früh erkannt
Dem am 19. Oktober 1758 geborenen späteren Benediktiner gaben seine Eltern Thomas und Theresia den Taufnamen Joseph. Sein Geburtshaus war das alte „Herzog-Haus“, das an der Hauptstraße stand, und zwar an der Stelle, an der heute die Straße „Placidus-Heinrich-Ring“ abzweigt. Er wuchs in Schierling auf, war ein gescheiter Bub und kam als Zehnjähriger ins Gymnasium St. Paul Regensburg. Mit 24 Jahren erhielt er die Priesterweihe und gerade einmal 27 Jahre alt, wurde er als Lehrer für Physik und Mathematik an die Hochschule des Benediktiner-Reichsstift St. Emmeram Regensburg berufen. Schon mit 34 Jahren stieg er zum Professor für Physik und Mathematik an der Universität Ingolstadt auf. Außerdem lehrte er als Meteorologe an der Bayerischen Akademie der Wissenschaft.
„Bis zur Neukonstituierung der Münchener Akademie (Anmerkung: wohl 1807 unter der Regentschaft von Maximilian I. Joseph) mit der Gewinnung namhafter Naturforscher aus ganz Deutschland war Heinrich der führende bayerische Naturwissenschaftler in den Fächern Physik und Meteorologie“, schreibt Kraus. Eindrucksvoll sei sein Unterricht in Experimentalphysik gewesen, den er durch den weiteren Ausbau des „Armarium Physicum“ – der Ausstattung der Universität mit mathematisch-physikalischen Experimentiergeräten - wirkungsvoll förderte. Pater Placidus folgte Abt Steiglehner auch bei der Meteorologie nach. Schon seit 1780 hatte er die regelmäßigen Wetterbeobachtungen für die Mannheimer Meteorologische Gesellschaft gemacht und das meteorologische Tagebuch Steiglehners weitergeführt.


Eigener Turm für den Wissenschaftlicher
Auch die Errichtung der Regensburger Sternwarte im „Placidus-Turm“ innerhalb von St. Emmeram geht auf Placidus Heinrich zurück. Diesen verschaffte ihm der Fürst von Thurn und Taxis und dort wohnte Placidus Heinrich von 1812 bis 1822. Gewissenhaft beobachtete er darin die mittägliche Sonnenhöhe, Sonnen- und Mondfinsternisse, Sternbedeckungen durch den Mond sowie am 7. Mai 1799 einen Vorübergang des Planeten Merkur vor der Sonnenscheibe.
„Seine Bedeutung als führender bayerischer Physiker begründen jedoch ausschließlich seine Preisschriften über die Natur des Lichts 1789 für die Münchner Akademie, 1804 für St. Petersburg und 1808 für Paris“, so Prof. Kraus. Er versuchte dabei unter anderem, das Zusammenwirken von Licht und Luft für den Nachweis einer „Lichtmaterie“ verständlich zu machen. Kraus schreibt weiter: „Er entwickelte dabei (…) die Lehre von der Photosynthese und Atmung der Pflanzen“ und führte beides auf „Verwandtschaft des Lichtes mit den vegetabilischen Substanzen“ zurück. Besonderen Eindruck haben nach Kraus die Versuche von Placidus Heinrich „zur Zersetzung von Chlorsilber durch Licht unter den verschiedensten Bedingungen“ hinterlassen.

Namensgebung als großes Fest
Die Namensgebung der Schule 1983 war ein großes Fest, das aus einem Gottesdienst, der Gedenktafelenthüllung und einer Feierstunde bestand. Auf die Bedeutung des Lichts aus theologischer Sicht ging Altbischof Dr. Rudolf Graber bei seiner Predigt ein. Der frühere Schulleiter, Rektor a.D. Georg Rötzer hatte eine Festschrift verfasst und hielt auch den Festvortrag. Er führte dabei aus: „Unsere Schule trägt nun den Namen ‚Placidus-Heinrich-Schule‘. Er, der Zeit seines Lebens die Fülle seiner reichen Seele und seines weiten Geistes an seine Mitmenschen verschenkte, ist sicherlich auch als Schutzherr dieser Schule zu weiterem Schenken bereit. Wir können unsere Kinder nicht an seinen wissenschaftlichen Arbeiten und Ergebnissen orientieren, doch an seiner Persönlichkeit. Unsere diffuse Welt braucht Menschen, an denen sie sich ausrichten kann. Ich glaube, Pater Placidus Heinrich kann ein Wegweiser sein. Er ging als innerlich ausgeglichener und erfolgreicher – also glücklicher - Mensch durchs Leben. Was können wir unseren Kindern Besseres wünschen? Ihm wurde dieses Glück jedoch nicht als Geschenk in die Wiege gelegt, er musste es sich erringen. Heinrich hatte auch keine wohlhabenden Eltern. So war er selbst seines Glückes Schmied. Damit ist bereits Wesentliches gesagt. Glück leitet sich aus der inneren Harmonie und Ausgewogenheit ab. Heinrich war ein gläubiger Mensch, ausgewogen also in seinem vertikalen Bezug mit seinem Herrn, den er als solchen anerkannte. Heinrich war weiter in ausgewogener Beziehung zu den ihm gestellten Aufgaben. Er war außerordentlich fleißig und strebsam in seinen Arbeiten. Genau besehen aber fasste er Beruf und Leben als Dienst am Menschen auf. Ich weiß, diese ‚Tugenden‘, wie man sie nennt, sind heute weitgehend nicht mehr gefragt. Ich weiß aber auch, wie Sie, um die frustrierte Leere vieler Menschen, insbesondere Jugendlicher, in unserer Zeit. Sie nehmen diese Folge ihrer Ablehnung von ‚Tugenden‘ in Kauf und zerbrechen oft daran. Dies kann nicht unser Erziehungsziel an unseren Kindern, als Eltern oder Lehrer, sein.“

Priester, Lehrer und Gelehrter
Pater Placidus Heinrich, geboren am 19. Oktober 1758 in Schierling, 10. November 1776 Profess bei den Benediktinern in St. Emmeram Regensburg, 3. November 1782 Priesterweihe, 3. Dezember 1801 Doktor der Philosophie und Theologie, 1786-1790 Geistlicher Rat, Professor für Philosophie und Mathematik im Stift St. Emmeram Regensburg, 1788-1791 Pfarrvikar in Schwabelweis, 1791-1798 Professor der Universität Ingolstadt, dort 1795 Dekan der philosophischen Fakultät, 1789 außerordentliches und 1808 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1799-1801 sowie 1805-1811 Direktor der Präbendisten (Anm.: Internatsschüler) und Chorregent, 1812-1821 Professor für Physik und Astronomie am königlichen Lyzeum, 1821-1825 Domkapitular der Regensburger Kathedrale, gestorben am 18. Januar 1825 in Regensburg, vermutlich an den Folgen einer Quecksilber- und Schwermetallvergiftung, die er sich bei seinen Forschungsarbeiten zugezogen hatte.

Auszeichnungen
Placidus Heinrich war neben der Bayerischen Akademie der Wissenschaften auch Mitglied von „Societas Meteorologica Palatina zu Mannheim“, seit 1811 korrespondierendes Mitglied und seit 1822 Ehrenmitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg. Außerdem seit 1823 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher „Leopoldina“, der im Jahre 1652 gegründeten, ältesten naturwissenschaftlich-medizinischen Gelehrtengesellschaft im deutschsprachigen Raum, die auch als die älteste dauerhaft existierende naturforschende Akademie der Welt gilt. Er war Preisträger der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1806 der Russischen Gesellschaft der Wissenschaften St. Petersburg, 1809 der „Jablonowskischen Gelehrten Gesellschaft zu Leipzig“, 1808 erhielt er den 2. Preis des „Institus des Sciences zu Paris“. Eine Gedenktafel ist in Regensburg Stadtmitte – gegenüber der Niedermünsterkirche - an seinem Wohn- und Sterbehaus angebracht.

Erinnerungstafel in Regensburg
An dem Haus gegenüber der Niedermünsterkirche Regensburg hat schon im Jahre 1858 der historische Verein von Regensburg eine Gedenktafel anbringen lassen mit dem Text: „In diesem Haus wohnte und starb am 18. Januar 1825 der ausgezeichnete Mathematiker, Physiker und Astronom, P. Jos. Placidus Heinrich Dc. der Philosophie u. Theologie u. Domcapitular dahier geboren in Schierling am 19. Oktober 1758“, ist da zu lesen.

Fotos:

  • Der in Schierling geborene Priester und Wissenschaftler Pater Placidus Heinrich (1758-1825)
  • Sein Geburtshaus war das alte „Herzog-Haus“ an der Haupstraße, das 1974 wegen seines schlechten baulichen Zustandes abgebrochen wurde, und auf dem heute die Straße „Placidus-Heinrich-Ring“ gebaut ist
  • Die Grund- und Mittelschule Schierling wurde 1983 nach dem berühmten Wissenschaftler benannt und daran erinnert eine Tafel
  • Zur Feier der Namensgebung waren auch der emeritierte Regensburger Bischof Dr. Rudolf Graber (Bildmitte) und Landrat Rupert Schmid gekommen. Auf dem Bild auch der wenig später verstorbene ehemalige Pfarrer Josef Scheuerer (3. von links).

Fotos: Archiv Fritz Wallner/verschiedene Quellen