Städtebauliche Ordnung, Orientierungssysteme
Das neue Rathaus nimmt die vorhandenen Orientierungssysteme von Rathausplatz und südlich anschließender Bebauung auf und führt diese Richtungssysteme in einem kompakten, dreigeschossigen Baukörper zusammen. Das neue Rathaus vermittelt zwischen den bestehenden Raumkanten und schafft abwechslungsreiche Räume und Bezüge.
Städtebau - Resultierender Raum
Die polygonale Gebäudehülle führt das im westlichen Rathausplatzbereich angelegte Prinzip sich verjüngender städtebaulicher Räume an allen umgebenden Raumkanten fort. Der gedeckte Eingangsbereich zum Platz und die Passage im Haus stellen eine enge räumliche und funktionale Verbindung zwischen Freiraum- und Erdgeschossflächen im Gebäude her.
Städtebau - Baukörper
Das neue Rathaus wird als kompakter Baukörper ohne Überbauung der bestehenden Stellplätze im Osten errichtet. Das dreigeschossige Gebäude erhält ein nach Süden geneigtes, flaches Satteldach, das im Bereich des Saales großzügige Raumhöhen gewährleistet und zu den kleineren Büroräumen hin fällt. Es zeigt sich damit am Rathausplatz mit einer selbstbewussten Höhe und vermittelt hin zur anschließenden Bebauung.
Gebäude und Raumkonzept
Ein zentrales Atrium in Gebäudehöhe bringt Licht in alle Geschossebenen und bietet zusätzliche Flächen, die aus Fluren lichtdurchflutete Aufenthaltsbereiche machen. Hier wird gewartet, es entstehen informelle Begegnungen und Arbeit und Themen der Kommunalverwaltung können sichtbar gemacht werden. Rauchschutzvorhänge sorgen im Brandfall zusammen mit der Entlüftung des Atriums für rauchfreie Fluchtwege in den Obergeschossen. Das Gebäude bleibt mit 7m Geschosshöhe in der GKl3. Ein eigener Treppenraum erschließt die Saalebene mit ihrer Foyerzone und der zugehörigen Dachterrasse auch außerhalb der Öffnungszeiten des Rathauses.
Konstruktion, Material & Urban Mining
Das neue Rathaus steht als „steinernes Haus“ am Rathausplatz. Auf einen Keller wird verzichtet, die Erdgeschossebene erhält eine robuste, kerngedämmte Außenwand aus tragendem Stahlbeton (innen) und geschliffenem Recyclingbeton (außen) sowie eine flügelgeglättete Bodenplatte. Das beim Abbruch des alten Rathauses anfallende Material wird wenn möglich sichtbar mitverarbeitet. In den Obergeschossen wird eine zweischalige Wandkonstruktion aus einer tragenden, schweren Kalksandsteinwand und einer Vormauerung aus dem gleichen Material mit sichtbarer Bruchfläche ausgeführt, was der Hülle einen menschlichen Maßstab und Rhythmus gibt. Kalksandstein ist wesentlich weniger energieintensiv als gebrannte Ziegel und vollständig recyclebar. Die schweren Materialien im Innenraum sorgen zusammen mit dem Lüftungskonzept für hohe thermische Behaglichkeit bei geringem Energieeinsatz.
Energiekonzept
Alle Hüllflächen werden nach Passivhausstandard gedämmt. Auf eine mechanische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung wird jedoch zugunsten einfacherer, möglichst langlebiger und leicht zugänglicher Technik verzichtet: Abluftöffnungen im zentralen Atrium und die Nachströmung über Fensterfalzlüfter bzw. Nachströmmodule in den Fensterelementen sorgen für Grundlüftung und nächtliche Kühlung im Sommer. Die hohen, schlanken Fensterflügel in der Fassade sorgen durch die Temperatur- und Partialdruckdifferenz über die Flügelhöhe für einen schnellen Luftaustausch bei geöffneten Flügeln. Fensterflügel werden durch eine intelligente Steuerung in Abhängigkeit von Luftqualität, Raumtemperatur und Feuchtigkeit gesteuert, können aber auch manuell geöffnet werden. Photovoltaikelemente auf dem Gebäudedach liefern zusammen mit einem Batteriespeicher Strom für den Grundbetrieb des Gebäudes. Eine Grundwasser-Wärmepumpe verteilt die für die individuelle Raumtemperatursteuerung erforderliche Wärme und Kälte über Deckensegel unter Verwendung der auf dem Dach gewonnenen Energie. Der extensive Gründachaufbau sorgt für verzögerten Regenwasserabfluss, die Verdunstungskühlung optimiert die Leistung der PV-Elemente.
Freianlagenkonzept
Das bestehende Materialkonzept des Rathausplatzes wird aufgenommen und das Rathaus auf eine Intarsie aus Natursteinplatten in das Pflaster des Rathausplatzes gesetzt. Dabei vermittelt die Plattenfläche zwischen dem Belag des Rathausplatzes und dem des südlichen Parkplatzes. Das Rathaus steht nicht neben dem Rathausplatz und wird über die Fahrspur getrennt, sondern zentral auf dem Platz – im Zentrum des Marktes Schierling. Die neuen Elemente der Freianlagen reagieren auf die geometrischen Bezugssysteme des neuen Rathauses und stärken so die Verbindung zwischen Gebäude und Platz. Die erforderlichen Stellplätze für das Rathaus liegen auf dem Rathausplatz in direkter Nähe, können für einen Markt oder Feste aber in den Aufenthaltsbereich integriert werden.
Marktplatz der Ideen
Kleine Interventionen sollen den Rathausplatz beidseits der Hautpstraße aufwerten und gemütlicher machen. Gleichzeitig dienen diese Maßnahmen dazu, den Rathausplatz an den Klimawandel mit mehr heißen Tagen anzupassen. Die Interventionen lassen sich dabei in 3 Maßnahmen gliedern:
Mehr Grün wagen
Ergänzende Bäume und zusätzliche Baumgruppen im Belag spenden mehr Schatten und schaffen neue bzw. größere Aufenthaltsräume auch für die Außengastronomie beidseits der Hauptstraße. Gleichzeitig werden Beläge entsiegelt, Versickerung vermehrt zugelassen und das Aufheizen des Rathausplatzes minimiert. Ergänzende Staudenrabatten am Rand der kiesigen Sitzbereiche bringen mehr Grün auf den Platz, gliedern den Raum, verhindern Fehlparken und schaffen eine behagliche Atmosphäre.
Wertige Vorbereiche schaffen
Die bestehenden Passepartouts um die Gebäude des Rathausplatzes ausbauen und ergänzen (z.B. Hs.Nr.9) und für das neue Rathaus übernehmen. Ziel ist es, den Verkehr über den Belag zu lenken und einladende und sichere Vorbereiche vor den Häusern zu schaffen.
Integrierte Möblierung
Drei steinerne Sitzinseln gliedern den Rathausplatz und bieten als robuste Sitzgelegenheiten Raum für Aufenthalte in der Sonne und Schatten sowie unter Dach. An Hauptstraße und Kriegerdenkmal werden neue Bäume ebenso in die Sitzinseln integriert wie das Kriegerdenkmal selbst. Holzintarsien in den Steinblöcken bieten angenehme Sitzmöglichkeiten auch an kälteren Tagen. Im Eingangsbereich des neuen Rathauses dient eine Sitzinsel als überdachte Sitzmöglichkeit, verweist als akustische Intervention auf den Katzengraben, der sich unter dem Eingangsbereich des Rathauses befindet und holt so den Graben wieder zurück in den öffentlichen Raum und das Bewusstsein. Die Inseln sind am Rand des Platzes so angeordnet, dass sie maximalen Aufenthaltsraum und mehr integriertes Grün bieten, ohne die Flexibilität des Rathausplatzes einzuschränken, der Maibaum wird wieder auf den Platz als Zentrum zurückgeholt, der als lebendige Mitte Schierlings gestärkt wird.